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Der Preis der Hoffnung
And the winner is: Escom


Noch auf der CeBit '94 schien trotz aller Gerüchte alles in Ordnung zu sein. Es wurde reichlich neue Hardware präsentiert, wie den A4000T, das CD1200 (externes CD-ROM für den A1200), das langersehnte MPEG-Modul für das CD32 oder die Turbokarte Afterburner A4050 für A3000 und A4000. Zwar waren einige Sachen erst in "einigen Wochen" erhältlich (wie von Commodore gewohnt) bzw. wurde einiges nicht reichlich propagiert. Da überhaupt was erschien, waren aber eigentlich alle zufrieden. Aber ein Schatten lag bereits über dem Messetreiben von Commodore: Die neu gegründete Commodore Trend Division stellte verschiedene Telefone, Schreibmaschinen und sogar einen Aktenvernichter mit C-Logo aus. War das nur ein Gag der Commodore Büromaschinen GmbH oder wollte die Firma damit in anderen Bereichen Fuß fassen, um das Finanztal zu überbrücken?

Daß Commodore Geldprobleme hatte, war kein Geheimnis. Allerdings hatte niemand damit gerechnet, daß dieser riesige Konzern, der die Computerwelt und -geschichte so maßgeblich geprägt hat, ja sogar zum Marktführer im Heimcomputerbereich wurde, so angeschlagen war, daß am 29. 4. 1994 der freiwillige Liquidationsantrag der Holding auf den Bahamas gestellt wurde (Eine freiwillige Liquidation ist kein Konkurs. Nach bahamaisischem Recht kann eine freiwillige Liquidation bis zum Zeitpunkt der endgültigen Liquidation rückgängig gemacht werden.). Im vierten Quartal des Jahres 1993 gab Commodore einen Verlust von 8,2 Millionen Dollar bekannt. In der Vergleichsperiode des Vorjahres hatte das Unternehmen einen Verlust in Höhe von 77,2 Millionen Dollar zu verkraften. Im kompletten Geschäftsjahr 92/93 (bis 30. Juni) lag der Verlust bei 356 Millionen Dollar bei einem Umsatz von 591 Millionen. Man hatte zu spät erkannt, daß eigentlich nur mit dem Amiga Geld verdient wurde.

Ein Käufer war bereits in Sicht - ein asiatischer Elektronikriese, der zu den größten in seiner Branche gehört. Dieser Konzern wollte nicht nur die Technologie und den Markennamen Amiga kaufen sondern auch die wesentlichen Vertriebsgesellschaften. Der Amiga sollte in seiner jetzigen Form weiterentwickelt und weitergeführt werden. Sie wollten groß in den Computer-Consumermarkt einsteigen und dazu die altbewährten Commodore-Vertriebskanäle nutzen. Wenn dieser Deal zustande gekommen wäre, hätte der Amiga Marketing-Aktivitäten in einem Umfang erlebt, den es noch nie gab. Was bei Commodore der Jahresumsatz war, war bei den Asiaten die Portokasse. Daß der Konzern mit großen Werbeaktionen die neue Amigageneration pushen würde, erwarteten nicht nur Insider. Verhandlungen waren bereits im Gange. Aber es kam alles anders. Letztendlich kam es auf die persönliche Begegnung der Firmenchefs an. Und beides hatten die Topmanager vermasselt.

Die Amiga-Technologie gehörte noch nicht zum alten Eisen. Das machten die monatelangen Verzögerungen der Verhandlungen deutlich, denn der Grund war ganz eindeutig: Es gab zu viele Interessenten. Es fielen immer neue Namen in den Gerüchten: Sony, Hewlett Packard, Samsung; sogar Sega und Nintendo waren im Gespräch. Was einerseits gut war, daß so viele Interessenten die Amiga-Technologie haben wollten, wurde andererseits auch zum Verhängnis, denn da sich die Verhandlungen so extrem in die Länge zogen, stiegen viele mittlerweile aus (z.B. Amstrad oder Philips), und die Übernahme durch Samsung scheiterte ja. Ein weiteres Zeichen für Verhandlungsfehlschläge waren die Infos, daß sich die Angestellten in Frankfurt nach neuen Jobs umschauten und die Computer '94 erstmals ohne Commodore stattfand.

Ein Interessent ließ echte Hoffnung aufkommen: Commodore UK unter der Leitung von David Pleasance. Da er aus eigenen Reihen kam und folglich das richtige Wissen mitbrachte, schien alles in Ordnung zu sein. Pläne für neue Vertriebswege, Produktionen und Neuentwicklungen hatte er viele. Und Commodore UK schien in der Tat alle Trümpfe zu haben, da die Technik ja bereits fertig in den Schubladen lag und quasi nur noch gebaut werden mußte, so daß spätestens sechs Monate weiter die neuen Amiga-Modelle auf dem Ladentisch hätten stehen können. Laut David sollten ab November die "alten" Modelle wieder verfügbar sein. Sehr selbstbewußt tat er so, als hätte er den Verkauf schon in der Tasche, und die Unterschrift wäre nur noch eine Formalität, zu der die Zeit bis jetzt fehlte.

Ende 1994, ca. 7 Monate nach dem freiwilligen Liquidationsantrag, stritten sich jetzt ausgerechnet zwei Commodore-treue Firmen (Creative Equipment International - CEI und Commodore UK) um die Patente, Rechte und Lizenzen für den Amiga. Jeder behauptete, den Zuschlag in den nächsten Tagen in der Tasche zu haben, da jeder das höchste Gebot abgegeben hätte. Bis zum 9. Dezember '94 erwartete jeder die Bestätigung durch die Gerichte.


Zu dieser Zeit kamen auch erste Daten über den Nachfolger des Amiga, des DraCo, den die deutsche Firma MacroSystem Computer GmbH im Frühjahr '95 herausbringen wollte, an die Öffentlichkeit.

Mittlerweile tauchte ein weiteres Problem auf, denn je länger die Verhandlungen dauerten, umso geringer fiel der Wert von Commodore aus. Auch dem Konkursverwalter war klar, daß Commodore bald nichts mehr wert sein würde. Der Liquidationsprozeß war scheinbar unendlich kompliziert, da die Commodore-Trademark-Rechte weltweit verteilt waren. Die Rechte für das C-Logo z.B. lagen bei Commodore Deutschland. David Pleasance ließ aber durchblicken, daß jemand hinter ihnen stünde, der über genügend Geldmittel verfüge, um die weltweite Entwicklung und Vermarktung zu gewährleisten. Sie könnten ihr Gebot so weit steigern, bis jeder andere aussteigen muß. Laut David sollte sogar Dave Haynie bereit gewesen sein, nach erfolgreichem Übernahmeabschluß wieder Amigas zu entwickeln. Sie hatten sogar angeblich einen neuen Rechner mit dem Entwicklungsnamen "Hombre", der mit einem RISC-Prozessor ausgestattet wäre und so ca. 25x schneller als ein A4000/40 sein sollte. Und auch die AAA-Chips sollten eventuell noch eingesetzt werden. Das Projekt solle schon zu einem Drittel abgeschlossen sein, und spätestens 18 Monate später sei mit einem neuen Amiga zu rechnen.

Nach knapp einem Jahr soll Commodore Ende April 1995 unter den Hammer kommen.
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Mit Escom geht es hier demnächst weiter.
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... the Amiga-story won't end yet!!!

Quellenangaben:
  • Amiga Magazin 8/95 - 10/95 (David Twigg-Flessner)
  • Amiga Magazin
  • Amiga Special
  • Amiga Plus
  • Fotos aus dem Amiga Magazin
  • "Computer-Lexikon" von Franz Grieser und Thomas Irlbeck
  • Commodore Info-Material
  • Amiga International Info-Material
  • Ernie's Cult-Mappe
  • RUN 12/85
  • play PLAYSTATION 12/97
  • Internet